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Vor 90 Jahren ist Carl Franck,
der Vorbild-Industrielle, gestorben

OÖ Nachrichten / Achleitner Josef

Um Allerheiligen 1926, vor inzwischen 90 Jahren, prägte zwar das vierte misslungene Attentat auf Italiens "Duce" Benito Mussolini die ersten Seiten der Tageszeitungen im Land. Außerdem der Reichsparteitag der Sozialdemokraten in Linz, der wegen des Passus über die "Diktatur der Arbeiterklasse" in Erinnerung geblieben ist. In Linz – und nicht nur da – sprach man auf den Straßen und in den Cafés über den Tod einer außergewöhnlichen Unternehmerpersönlichkeit. Carl Heinrich Franck, seit 1883 Chef des Ersatzkaffee-Herstellers Heinrich Franck Söhne, später Franck und Kathreiner, war im Alter von 77 Jahren gestorben. Der gebürtige Württemberger hatte, wie der Linzer Wirtschaftshistoriker und OÖN-Kolumnist Roman Sandgruber schreibt, die Firma „zu einem der führenden Nahrungsmittelhersteller der Donaumonarchie gemacht".

Aus heutiger Sicht interessant ist aber auch, dass mit Franck in den 1920er-Jahren die Zeit der bürgerlich-liberalen Honoratioren nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft langsam - mit Ausnahmen - zu Ende ging. Als Franck in Linz anfing, war es etwa in Kleinmünchen in der Textilindustrie nicht ungewöhnlieh, dass Arbeiter bis zu 80 Stunden wöchentlich in der Fabrik standen. Im Schnitt wohnten fünf Menschen in einer Einzimmerwohnung ohne Bad, oft ohne Küche, Klosett am Gang. Franck schuf im Bereich der heutigen Franckstraße Arbeiterwohnungen, eine Werksgrundschule und einen Kindergarten. Er war auch für die Allgemeinheit karitativ tätig. Unsere Vorgängerzeitung „Tagespost" ehrte Franck im Nachruf ebenso als „Wohltäter" wie das christlich-soziale „Linzer Volksblatt". Selbst im sozialdemokratisehen „Tagblatt" war eine große Todesanzeige zu sehen, in der der Verein der Arbeiterkrankenfürsorge seinem Funktionär Franck für das Engagement dankte. Das war insofern pikant, als die Sozialdemokraten gerade dabei waren, beim Parteitag - natürlich für die spätere Zukunft - die Enteignung; aller Banken und Industriebetriebe zu beschließen. „Die Klasse der Ausbeuter muss verschwinden", hatte Friedrich Adler, Sohn des Parteigründers Viktor Adler, bei einer Versammlung im Hotel Achleitner in Urfahr gesagt.

Bis 1918 hatten die Liberalen, ab 1900 zunehmend abgelöst von den aus ihrem Milieu entstandenen Deutschnationalen, die Stadt Linz und andere Städte im Land geführt. Sie waren Träger des industriellen und kommunalen Fortschritts, förderten Kunst und Wissenschaft, das soziale Problem konnten oder wollten sie aber nicht lösen.

Als nach dem Ersten Weltkrieg jede Wählerstimme gleich viel zählte, übernahmen in den großen Städten die Sozialdemokraten, auf dem Land und in den Kleinstädten die Christlich-Sozialen die Macht. Wohnungsbau, Sozialpolitik und Kulturförderung wurden öffentliche Angelegenheit.

Autor: Josef Achleitner
erschienen in den OÖNachrichten am 7. November 2016
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