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Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Einleitung

Kaffemühle
Die Kaffeemühle als Firmensymbol von Franck
Franck war durch mehr als ein Jahrhundert hindurch nicht nur ein bedeutendes Familienunternehmen von internationalem Rang, es war auch Ausdruck und Manifestation des Zeitgeistes des Industriezeitalters. Der Unternehmenserfolg beruhte auf der Einführung eines industriell gefertigten Produkts, das zu einem wichtigen Konsumgut der neuen Industriearbeiterschaft wurde, mit dem Übergang zur postindustriellen Gesellschaft aber aus den Regalen der Geschäfte mehr und mehr verschwand.

Franck machte Linz zur Kaffeehauptstadt bzw. Kaffeeersatzhauptstadt der Habsburgermonarchie und der darauf folgenden Republik Österreich. Franck wurde für Linz zu einer Marke. Das Unternehmen war lange Zeit hinter der Tabakfabrik der zweitgrößte Linzer Industriebetrieb und nach der Eingemeindung von Ebelsberg hinter Kleinmünchener Spinnerei und Weberei und Tabakfabrik der drittgrößte. Franck war eine der dominierenden Familien im Linzer Großbürgertum. Und das Franckviertel wurde zum Symbol für die frühe Industriestadt Linz.

Herman-Breyer mit Bürgermeister Koref, 1954
Herman-Breyer mit Bürgermeister Koref, 1954
Bei der 75-Jahr-Feier des Linzer Standorts im Jahr 1954 bezeichnete der damalige Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleißner das Unternehmen als „ein sicheres Haus in einer sehr unsicheren Welt“. Und der Linzer Bürgermeister Dr. Ernst Koref meinte in seiner Festrede, kein anderer Betrieb sei so tief und innig mit Linz verbunden wie Franck. Er erzählte von seiner Linzer Gymnasiastenzeit - Johann Heinrich Franck, der älteste Sohn von Helene und Carl Franck, war mit ihm an derselben Schule: Als er einmal in einem Aufsatz Franck ohne „ck“ geschrieben habe, habe er vom Professor dafür eine heftige Rüge erhalten: „Das müsste man doch eigentlich als Linzer wissen“. Und als Sozialdemokrat fügte er hinzu, und das zu einem Zeitpunkt, als es bereits die verstaatlichte VOEST und die verstaatlichten Stickstoffwerke als sozialdemokratische Hochburgen gab, er kenne keinen Linzer Betrieb, der durch so herausragende Sozialleistungen und durch so konsolidierte Verhältnisse und durch solch einen sozialen Frieden ausgezeichnet sei.[1] [ Festreden anläßlich des 75jährigen Firmenjubiläums d. Firma Franck u. Kathreiner Ges. m. b. H. Linz. Linz 1954. 34 Bl.]

Der damalige Handelskammerpräsident Josef Klein sprach in seiner Rede von einem Familienbetrieb im besten Sinn des Wortes, in welchem „keine Anonymität des Kapitals“ und kein „robustes Managertum“ zur Geltung komme, sondern in dem die Persönlichkeit des Einzelnen und die Zusammenarbeit im gemeinschaftlichen Geist die entscheidenden Kraftelemente seien. Franck war ein Familienbetrieb auch in Hinblick auf das Verhältnis zu den Arbeitern und Angestellten: „Ich bin ein Franckarbeiter“ oder „ich bin ein Franckbeamter“, das war ein Statussymbol.

Franck-Fabrik in Linz um 1900
Die Franck-Fabrik in Linz um 1900
Durch die patriarchalische Betriebskonzeption, durch umfangreiche Sozialleistungen und durch den Bau von Arbeiter- und Angestelltenwohnhäusern, einer Kleinkinderschule und eines Kindergartengebäudes wurde ein Viertel geschaffen, das nicht nur durch den charakteristischen Kaffeegeruch, der ständig über dem Areal schwebte, eine eigene Identität entwickelte, sondern auch durch den besonderen Zusammenhalt der Franck-Belegschaft. Als im Februar 1934 der Bürgerkrieg in Oberösterreich ausbrach, hörte man nichts von einer Beteiligung der Franck-Belegschaft. Die Kugeln pfiffen über das Firmengelände hinweg, von der Diesterwegschule zur Dorfhalle. In der Fabrik selber und im Fabrikgelände blieb es ruhig.

Auch der später geprägte Begriff „Glasscherbenviertel“ hatte nichts mit Franck zu tun, sondern betraf die daran anschließenden Barackensiedlungen, die nach dem Ersten Weltkrieg und im Zweiten Weltkrieg entstanden waren.

Das Viertel hat mit dem Niedergang und dem Ende der Kaffeemittelerzeugung viel von seiner Identität verloren. 1966 wurde die Franck-Villa, ein Linzer Architekturjuwel in neobarockem Jugendstil, demoliert. Das ehemalige Fabrikgelände ist nur mehr in wenigen Spuren erkennbar. Wo einst die Villa stand, residiert jetzt der ORF, über Teilen der ehemaligen Produktionsanlagen erhebt sich das Design-Center, der Kindergarten ist als „Schaller-Haus“ Teil von Raiffeisen, die Wohnhäuser wurden nicht immer stilgerecht renoviert. Aber das ganze Viertel soll wieder aufleben und aufblühen.

[1] Festreden anläßlich des 75jährigen Firmenjubiläums d. Firma Franck u. Kathreiner Ges. m. b. H. Linz. Linz 1954. 34 Bl.

Autor: Em. Univ.-Prof. Dr. Roman Sandgruber
aus dem Buch "Franck in Linz. Geschichte eines Familienunternehmens" (2014)